Dienstag, 24. Oktober 2017

mentale Stärke

Liebes Coaching Tagebuch!

Das Leben ist ja nicht immer ein Ponyhof. Manchmal müssen wir Ereignisse wegstecken, für die wir gar keine Taschen haben. Dennoch lehrt uns das Leben, dass hinter jeder Krise eine Chance steckt. Ich behaupte sogar, nur dadurch kann auch wieder Glück entstehen. Aber wie damit umgehen?
Manche von uns pustet oft nur ein Windhauch um. Andere wiederum scheinen sogar einem Tornado stand zuhalten, zwar mit verzerrtem Gesicht, aber immer noch auf den Beinen stehend. Was machen diese Menschen anders?
Mein Cousin liegt seit über 20 Jahren nach einem unverschuldeten Autounfall im Wachkoma. Von einer Sekunde auf die andere aus dem Leben gerissen, ich habe alles hautnah erlebt. Danach ist meine Mutter an Brustkrebs erkrankt und hat diesen erfolgreich besiegt. Vor 2 Jahren habe ich 3 meiner treusten Freunde, die für mich sehr wichtig waren, gehen lassen müssen. Meine Fellnasen sind Teil der Familie und deswegen schmerzt ihr Verlust sehr und vor 4 Monaten stand dann endgültig fest, mein Vater braucht eine neue Herzklappe und 2 Bypässe. Diese Diagnose und die Angst vor diesem großen Eingriff machte mich fast wahnsinnig. Deswegen habe ich mir professionelle Hilfe geholt und in der Therapie viele Dinge angesprochen, danach aufgeschrieben und reflektiert. Ich wollte stark genug sein, um für meine Familie hilfreich zu sein und selbst mit möglichst wenig psychischen und physischen Schaden die bevorstehende Zeit zu überstehen.
Die meisten Menschen die die Watschn des Lebens aushalten, gehen anders mit ihren Gefühlen und Gedanken um.

  • Selbstmitgefühl statt Selbstmitleid
Selbstmitgefühl ist ein Krankenhaus für die Seele. Selbstmitleid ist nur ein Ticket ins Jammertal. Immer die Frage nach „Warum ich?“. Ein bekannter österreichischer Psychoanalytiker hat mir nach dem Unfall die Gegenfrage gestellt: „Warum nicht ich?“, das Leben ist nicht immer fair. Selbstmitgefühl lässt mich wachsen, aus den Erfahrungen lernen „Okay, weiter geht’s“ statt „Oh Gott, so schlecht wie mir ging’s noch nie jemandem!“
  • Selbstverantwortung
Nicht die Krankheit, nicht die Diagnose, nicht mein Vater sind dafür verantwortlich, wie mies ich mich fühle. Und auch nicht dafür, dass es mir besser geht. Sondern die Selbstverantwortung bei mir behalten – da gehört sie hin, dann gehört sie mir. Mitsamt der Chance auf Glück.
  • Mut vor Veränderung
Veränderungen sind mühsam, sind anstrengend, oft lästig, aber aufzuhalten ist sie auch nicht. Ich öffne die Arme, so gut es eben geht, trotz der Sorgen, die das Gehirn vielleicht produziert. Die Augen öffnen für das, was ist, und das Herz für das, was kommen mag.
  • Hilflosigkeit akzeptieren
Das Gefühl der Hilflosigkeit ist für mich kaum auszuhalten. Sie zu erkennen und zu benennen ist anfangs sehr nützlich, aber auf Dauer ist sie wie das Sitzen im Schaukelstuhl. Sie beschäftigt mich, bringt mich aber nirgendwohin. Höchstens in den Wahnsinn, ich weiß, wovon ich spreche, ich selbst hadere noch häufig mit dem Ungemach und brauche immer erst etwas Zeit, bis ich es akzeptiere.
  • Es jedem recht zu machen
Es wäre schön, wenn mich alle mögen und bewundern würden. Tun sie aber nicht, den allermeisten da draußen bin ich ohnehin egal, Nebenfiguren in ihrem Theaterstück. Was bringt es dann, sie beeindrucken zu wollen, indem ich zum Ja-Sager werde? Aber ich muss auch nicht allen anderen zeigen, wie unabhängig ich bin. Ich stehe auf, für das was mir wichtig ist, überlasse aber auch anderen die Bühne und halte Kritik und Gegenwind aus.
  • Hier und Jetzt
Meine Geschichte gehört zu mir. Sie zu kennen, heißt mich selbst zu kennen. Aber ich verliere mich nicht in der Vergangenheit. Im Hier und jetzt kann ich verzeihen, glücklich sein und handeln.
http://estutgut.blogspot.co.at/2017/10/im-hier-und-jetzt.html
  • Fehler erlauben, aber jeden nur einmal
Manche Fehler muss ich offensichtlich mehrmals machen, bis ich sie gemeistert haben. Mehrmals, aber nicht unendlich oft. „Verrückt ist, immer wieder dasselbe zu machen und mit einem anderen Ergebnis zu rechnen“, wie Einstein bekanntlich sagte. Fehler sind gut und wichtig, allerdings nur, wenn ich aus ihnen lernen. Entscheidend die Frage: Was kann ich beim nächsten Mal besser machen?
  • Aufstehen, Krone richten, weitergehen
Aus Fehlern und Rückschlägen lernen und sie als Chance sehen. Sich in negativen Gedanken zu suhlen führt zur Stagnation. Stillstand ist aber niemals hilfreich.

  • Alleinsein

Ich verbringe sehr gerne Zeit mit mir allein. In der Stille kann ich meine innere Stimme am besten hören. Und nur in der Stille das finden, was ich meistens im Außen suche: tiefes Glück und Freundschaft mit mir selbst. Ich befreie mich somit von oberflächlichen Zielen und zu großer Abhängigkeit von anderen.
  • Geduld
Alles, was etwas wert ist, ist es auch wert, dafür geduldig zu sein. Die vermeintlichen Abkürzungen rechts und links liegen lassen und mitten durch unseren Weg gehen, Tag für Tag, Schritt für Schritt. Das braucht Stärke, macht aber auch stark, weil ich so wirklich vorankomme.
  • Menschen brauchen Menschen/Tiere
Wie schwer das Leid ist, kann ich oft nicht beeinflussen. Aber immer die Art und Weise, wie ich es trage. Meine Freunde, die eine natürliche Distanz zu meinem Kummer haben schenken mir ihr Ohr, eine herzliche Umarmung und sind einfach nur da. Meine Tiere lenken mich ab, sorgen für einen strukturierten Tagesablauf und geben mir das Gefühl des Gebrauchtwerdens.
http://estutgut.blogspot.co.at/2017/05/menschen-brauchen-tiere.html

Und meine Psychotherapeutin nimmt mich bei Hand und geht ein Stück des Weges mit mir.
Ich fühle mich mental stark und bin dem Gewachsen, was alles noch kommen mag. Jetzt zählt jeder noch so kleine Schritt. Ein sehr großer ist bereits getan, mein Vater hat die Operation gut überstanden und ist stabil. Der nächste Schritt ist das Aufwecken. Auch wenn ich seit gestern im 4 Stunden Takt aufgefordert werde wieder anzurufen und die Antworten der Ärztin sehr knapp sind, nehme ich sie und interpretiere nicht.
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