Mittwoch, 22. Februar 2017

Die Macht der Gewohnheiten

Liebes Coaching Tagebuch!

Die individuelle Fütterung unserer Pferde im Offenstall erfordert für uns Menschen ein wenig Planung. Da für Fly, Wynono und Gretl Heu und Minerale ausreichend sind und wir keine Moppelchen haben wollen, müssen wir für Jac eine separate Fütterung anbieten. Bis jetzt sind wir Menschen auch den für uns einfachsten Weg gegangen und haben neben der Futterkammer gefüttert. Da war sehr praktisch. Wasser für Heucobs vorhanden, Müsli und Hafer ebenso. Während wir die anderen mit Heunachschub versorgt haben, konnten Cobs quellen. Jac kannte diese Prozedur bereits und wartete geduldig vor der Absperrung auf seinen Kübel. Absperrung einfach öffnen, Halfter drauf und anhängen. Da Jac ein Genießer ist, konnten wir die Zeit nutzen und in Ruhe abmisten. Dieses Ritual begleitete uns 6 Monate lang. Dann haben wir umgestellt, was für ein Schreck für Jac. Von heute auf morgen sollte er am anderen Ende, in der Scheune fressen. Warum wir das geändert haben fragst du mich liebes Tagebuch?
Weil der Fressplatz zuvor eine schöne Wiese war und jetzt einem frisch geackerten Feld entspricht. Schaut unschön aus, ist matschig und rutschig. Die Scheune ist überdacht, hat einen festen Untergrund und bietet sich förmlich an. Warum wir nicht von Anfang an daran gedacht haben, weiß nicht. War wahrscheinlich ein Stück Bequemlichkeit unsererseits oder einfach gedankenlos.

Für Jac war es auf alle Fälle eine Umstellung. Er ist generell ein Pferd, das keine Veränderungen mag. Während wir den vollgefüllten Kübel in der Scheune deponierten, stand er vorne bei der Futterkammer. Ohne Halfter konnten wir ihn anfangs nicht dazu bewegen, nach hinten zu gehen. Endlich in der Scheune angekommen, wurde er sehr verunsichert und wollte nur raus. Selbst sein heißgeliebtes Fressen schaute er nicht an. Also bei ihm bleiben und ihn an die neue Situation gewöhnen. Die Macht der Gewohnheiten trifft wohl auch auf unsere Pferde zu.
Wie funktionieren Gewohnheiten?

Gewohnheiten sind in ganz vielen Fällen ja unheimlich praktisch. Denken wir nur an das tägliche Zähneputzen oder Auto fahren. Müssten wir immer genau überlegen, was zu tun ist, würde das ganz schön nerven und wäre auch ziemlich anstrengend. Bei vielen Gewohnheiten sind wir froh darüber, dass sie uns das Leben erleichtern. Wenn wir verstehen wollen, wie wir Gewohnheiten verändern können, müssen wir zunächst etwas mehr darüber wissen, wie das mit unserem gewohnheitsmäßigen Handeln eigentlich genau funktioniert.
Wissenschaftler haben herausgefunden, dass es in unserem Gehirn ein Areal gibt, in dem Gewohnheiten abgespeichert werden, die so genannten Basalganglien. Dieser Bereich in unserem Gehirn ist dafür verantwortlich, dass wir uns bei gewohnheitsmäßigen Handlungen nicht mehr bewusst überlegen müssen, was wir nun genau machen müssen. Das Problem mit den Basalganglien ist, dass wir mit unseren Absichten kaum auf sie zugreifen können, weil dieser Bereich unseres Gehirns unserem bewussten Willen nur schwer zugänglich ist. Wir können also kaum eingreifen, wenn eine Gewohnheit erst einmal in Gang gesetzt ist.

Wenn wir alte Gewohnheiten loswerden wollen, funktioniert das am besten, indem wir sie durch neue Gewohnheiten überlagern. Dazu muss ein neues Verhalten mit dem alten Auslöser verknüpft werden und möglichst gut das gleiche Bedürfnis erfüllen, das bisher mit der alten Gewohnheit befriedigt wurde. Das klingt jetzt erst einmal recht theoretisch und ist vielleicht auch eher unrealistisch. Die meisten von uns haben erlebt, dass sich Gewohnheiten eben nicht so einfach ändern lassen.

Wir haben Jac die neue Füttersituation erleichtert, indem wir bei ihm waren. Auch wenn die anderen Pferde auf Sichtkontakt waren, war es dennoch eine Umstellung. Wir gaben ihm die Sicherheit, haben ihn gebürstet, gekrault und liebkost. Dieses Ritual haben wir 2x täglich eingehalten und siehe da, nach ein paar Tagen geht er selbstverständlich mit uns mit, braucht kein Halfter, kann sich in der Scheune frei bewegen, wir müssen weder auf Strick noch Untergrund achten und er hat Zeit zum Fressen. Unsere Sicherheit braucht er nicht mehr, wir können die Zeit wie früher auch zum Abmisten nützen. Alle sind glücklich und zufrieden.
Ich finde es immer wieder spannend, wie viel wir von den Pferden lernen können. Auch ich kann die Macht der Gewohnheiten für mich umlegen. Ich werde nicht nach dem Aufstehen sofort meine Emails checken. Ich muss mir die Gewohnheit aufs Handy zu sehen durch einen neuen Anreiz schmackhaft machen. Deswegen werde ich meinen Kreislauf in Schwung bringen und gleich nach dem Aufstehen mit meinen Hunden eine kleine Gassi Runde einlegen. Danach in Ruhe frühstücken und erst danach Computer!!! (nicht Handy) aufdrehen und Emails checken. So beginnt mein Tag viel ruhiger und ausgeglichener. Die Basis ist also, dass wir uns unserer Verhaltensmuster bewusstwerden. Denn nur so können wir aktiv eingreifen und unser Verhalten verändern.


Was ist dein Thema? Was kannst du von unseren Pferden lernen? www.estutgut.com, Business Coaching, Stressmanagement und Burnout Prävention, Work- Life- Balance, Reflexion und vieles mehr. Als Berater und Coaches arbeiten wir immer systemisch und tiergestützt.

Donnerstag, 2. Februar 2017

Respekt ist keine Einbahnstraße

Liebes Coaching Tagebuch!

Respekt ist im Umgang mit anderen Lebewesen unabkömmlich. In jeder Begegnung mit meinen Tieren muss ich mich als respektvolle Führungskraft erweisen. Das bedeutet für mich in der täglichen Arbeit mit meinem jungen Paint Wallach Wynono zu achten, was er mir aktuell anbietet. Nicht jede Trainingseinheit läuft gleich. Manchmal ist er hoch motiviert, dann auch wieder überfordert, müde oder unwillig. Es ist meine Aufgabe auf seine Befindlichkeiten Rücksicht zu nehmen. Aber selbst wenn Nono keine Lust hat (warum auch immer) erwarte ich mir auch von seiner Seite einen respektvollen Umgang meinerseits. Respekt ist nämlich keine Einbahnstraße!

Genau so sehe ich das auch in meiner Funktion als Coach. Im Moment ist in allen Schulungen, Weiterbildungen usw. das Thema Wertschätzung in aller Munde. Überall sollen Führungskräfte, TrainerInnen, PädagogInnen uvm. Wertschätzung zeigen, um MitarbeiterInnen, TeilnehmerInnen und SchülerInnen/StudentInnen zu halten bzw. zu begeistern. Hier und da ein kleines Lob und gelegentlich eine Belohnung und alle Menschen sollen sich bitte mit Kusshand über die entgegengebrachte Wertschätzung freuen. Aber das Scheitern ist vorprogrammiert, denn Wertschätzung ist mehr als Lob - es ist eine Herzens- und Geisteshaltung und keine Einbahnstraße!

Ein freundlicher Umgangston, eine einladende Körperhaltung und das Signal: „Ich mag dich“ sind selbstverständlich. Aber bitte von beiden Seiten. Und das beginnt schon bei den einfachsten Dingen.

1. Begrüßung und kurze Vorstellung: Klingt sehr simpel, ist aber leider nicht mehr Gang und Gäbe. Und bitte ein ganzer Gruß. Morgen, Tag sind für mich keine höflichen Begrüßungsformen. Es heißt guten Morgen, guten Tag, Grüß Gott, Grüß dich, …
Ich gebe gerne die Hand, weil es einen persönlichen Kontakt erlaubt, und ich stelle mich mit Vor- und Nachnamen vor.

2. Pünktlichkeit: Ist für mich die einfachste und messbarste Form der Wertschätzung. Permanent zu spät zu kommen, stört die ganze Gruppe, sorgt für Unruhe. Auch bei privaten Treffen finde ich notorische Zuspätkommer als sehr nervig. Wie wenig Respekt bringen mir diese Freunde entgegen, wenn sie mich jedes Mal 10 Minuten oder mehr warten lassen.
Und sollte es sich doch einmal nicht ausgehen, kein Problem, aber dann ist eine ehrliche Entschuldigung fällig.

3. Ehrlichkeit: Es ist viel einfacher, unangenehme Themen nicht anzusprechen. Aber das ist feige! Mir liegen meine TeilnehmerInnen, KlientInnen und KundInnen sehr am Herzen. Weil jede/ jeder wertvoll ist, darf es auch möglich sein, zu hinterfragen. Konstruktive Kritik ist eine Chance zu wachsen! Es zeigt andere Wirklichkeiten auf und lässt Veränderung zu. Um auf Dauer erfolgreich sein zu können, sind wir alle Feedback abhängig, denn allzu oft klaffen Selbst und Fremdbild weit auseinander. Ich freue mich über jedes Feedback, weil ich mich dadurch wertgeschätzt fühle und nicht in „meiner eigenen Suppe koche“.

4. Konfliktfähigkeit: Konflikte auszusprechen, sich mit dem Gegenüber auseinander setzen ist anstrengend. Aber auch das bedeutet doch, dass man sein Gegenüber schätzt. Ich setze mich nur mit Menschen auseinander, die mir wichtig sind. Wertschätzung pur, wie ich meine.
Aber stattdessen wahren viele den Schein und lästern hinter dem Rücken. Das ist viel bequemer und ich erhalte auch kein Feedback.

5. Sprache schafft Bewusstsein: Auch die Wahl der Worte muss gut durchdacht sein. Ich vermeide „Füllwörter“ wie eigentlich, ganz, …. „Das ist dir eigentlich gut gelungen, das hast du ganz gut gemacht“ haben im Satz für mich eine Doppeldeutung. Eigentlich ist es dir gut gelungen oder eigentlich auch nicht.
Gendern ist beim Schreiben für mich eine Herausforderung, dennoch bin ich davon überzeugt, dass es notwendig ist. So lange Ärztinnen im Krankenhaus noch immer als „Schwester“ angesprochen werden, brauchen wir die männliche und weibliche Form in der Sprache.

6. Ich bin ok- du bist ok: Im Großen und Ganzen bin ich mit mir im Gleichklang und kann mich so annehmen, wie ich bin. Das ist die Basis für du bist ok. Nur wenn ich für mich sagen kann, dass ich ok bin, kann ich diese Haltung auf andere übertragen.

7. Nachfragen:Kommunikation ist das Um und Auf. Ich fühle mich sehr gut aufgehoben, wenn mein Gegenüber auf vergangene Kommunikation reagiert und nachfragt. Das bekundet Interesse an meiner Person, meinen Lebensumständen und ist oft eine gute Basis für weitere Gespräche. Es schafft einen guten „rapport“.

All das zählt für mich auch zur Wertschätzung und richtig angewendet, setzt es enorme Kräfte frei und wirkt motivierend, denn es ist für mich eine Herzen- und Geistesleistung!

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