Dienstag, 12. April 2016

Gruppenphasen

Liebes Coaching Tagebuch!

Ein neuer Co Trainer ist bei uns eingezogen. Lil Jacinic Surprise ist ein 10 jähriger QH Wallach und eine wahre Schönheit.
Doch er besticht nicht nur durch sein Äußeres, er ist auch ein sehr offenes, liebenswertes und neugieriges Pferd. Jac, so wie er von uns genannt wird, hat sofort unser aller Menschen Herzen erobert. Da er aber in unsere Pferdeherde integriert werden soll, müssen auch hier einige Grundvoraussetzungen beachtet werden.
Und diese Eingliederung ähnelt der Gruppenphasen von Teams. Ich bin immer wieder überrascht, dass wir Menschen so viel von Tieren lernen können.
Da wir bei EsTutGut schon immer mit Gruppen gearbeitet haben, wissen wir, dass Gruppen kein statisches Gebilde sind. 


Otto Marmet schreibt dazu in seinem Buch "Ich und du und so weiter":
"Wenn Menschen über längere Zeit miteinander kommunizieren, beginnen sie ihre Beziehungen zu strukturieren. Sie werden eine Gruppe. Kommunikation, Normen, Ziele, Rollen und Themen sind die wesentlichen Elemente der Gruppenstruktur."

Gruppenphasen:
  1. Forming (Aufwärm-, Orientierungsphase): In unserem Fall wird der der "Neue" von den anderen Pferde beschnuppert. Ein gegenseitiges Abtasten beginnt. Die Leitstute ist an dieser Phase maßgeblich beteiligt.In Teams ist es ähnlich. Es ist eine Testphase, in der Aufgaben definiert werden müssen, Ziele gesetzt und Regeln festgelegt werden. Die Abhängigkeit des/der Teamleiters/ Teamleiterin ist groß. Diese(r) ist für die Struktur verantwortlich und muss Unsicherheiten ansprechen.
  2. Storming (Konfliktphase): Nach dem gegenseitigen Beschnuppern und werben um Jac kommt es nun zu Machtkämpfen. Die Rolle der Leitstute ist klar definiert. Doch wer ist in der Pferdeherde Beta oder Gamma? Rollen werden nun hinterfragt, es kommt zu Untergruppen. Wynono und Jac bilden das Team der Wallachen und verbünden sich einerseits, andererseits sind sie große Konkurrenten wenn es um die Stuten geht. Fly als Leitstute muss jedes Herdenmitglied schützen und greift in "Rangordnungs - Streitereien" ein. TeamleiterInnen sollen sich in dieser Phase unterstützend einbringen und der Entstehung von Gruppennormen hohe Beachtung schenken. Konflikte und Spannungen sollen als Chance zur Weiterentwicklung der Gruppe genutzt werden. Die Stärken jedes einzelnen Teammitglieds sollen erkannt und gefördert werden. Stärken stärken stärkt!
  3. Norming (Organisierungsphase): Die Position innerhalb der Herde ist durch den Neuzugang nun geklärt. Nach der Konfliktphase beginnt nun die Kooperation. Auch bei Pferden kann ich das sogenannte "Wir-Gefühl" beobachten. Diese Herde grenzt sich nun ganz klar von anderen Herden ab. In Teams wird nun offen kommuniziert und lösungsorientiert gearbeitet. TeamleiterInnen können nun Verantwortung an die Gruppe abgeben und Konflikte offen ansprechen.
  4. Performing (Arbeitsphase oder auch Hochleistungsphase): Strukturen, Werte und Normen sind verinnerlicht. Die Reflexion der Zusammenarbeit und die Anerkennung der Erfolge sind wesentliche Eckpfeiler in dieser Phase. Regelmäßiges Feedback ist notwendig und förderlich und ermöglicht die Zusammenarbeit mit anderen Teams.
  5. Termination (Abschluss-, Ablösungsphase): Die Gruppe löst sich auf. GruppenleiterIn muss das Ende ansteuern und vorbereiten. Rükschau, Auswertung und Anleitung zum Transfer sind notwendig. Zeit für den Abschied geben und auf zu Hause vorbereiten.


Viele Gruppen können die ersten zwei Phasen Forming und Storming ohne Begleitung nicht überwinden. Die Gruppenmitglieder sind oft nicht in der Lage, die Sichtweisen der anderen zu akzeptieren.
Bei der Eingliederung von Jac war es wichtig ihn ein Stück weit zu begleiten und zu schützen. Aber auch die anderen Herdenmitglieder durften ihren Rang, ihre Position vertreten und konnten auf uns Menschen als Führungskraft setzen. Vertrauen und Respekt haben eine friedliche und sichere Eingliederung ermöglicht.
Die Kenntnisse von den Gruppenphasen helfen Führungskräfte, adäquate Methoden für die jeweilige Phase einzusetzen und so den inhaltlichen wie auch den emotionalen Prozess zu steuern. Das Ziel ist, die Kommunikation zu verbessern, Konsens in der Problemlösung zu ermöglichen und alle Mitglieder der Gruppe einzubinden. So können sich alle mit den Arbeitsergebnissen identifizieren. 

Rollen in der Gruppe: In jeder Gruppe gibt es eine Rollenverteilung, welche die Machtstruktur und die Kommunikations­kultur prägt. In der Literatur finden wir verschiedene Klassifizierungen der einzelnen Typologien von Rollen: Anführer, Mitläufer, Außenseiter, Opponent, Clown, Professor, Stratege, Ideengeber, Gestalter, Moderator, Systematiker und der berühmte Sündenbock. Dies bedeutet nichts Schlechtes für die Gruppe.

Ganz klar der Anführer ist unsere Leitstute Fly my way. Greta, die mächtige Noriker Stute ist "the brain" . Wynono, der jüngste im Bunde ist der Gruppenclown und unser Kapserl. Bei Jac bin ich mir noch nicht klar. Er ist so neugierig und kreativ und dadurch ein Stück Ideengeber, aber als Neuzugang auch noch ein Stück weit Sündenbock.

Unterschiedlichen Rollen innerhalb einer Gruppe sind sehr zu begrüßen, da jeder Einzelne seine Rolle ausleben kann und so dem Ganzen dienen kann. In der Forming Phase suchen die Mitglieder ihren Platz in der Gruppe. Dennoch soll es möglich sein diese Rolle auch wieder zu verlassen. Dies muss thematisiert werden,denn eine gute und konstruktive Gruppenatmosphäre ist kein Zustand, welcher erreicht wird und dann für immer bestehen bleibt. Die Leitung sollte diesen Aspekt im Auge behalten und thematisieren.