Mittwoch, 18. November 2015

Back on track und überglücklich!

Liebes Coaching Tagebuch!

Es sind bereits einige Monate nach meinem Abgang von Fly vergangen. Wie Du ja bereits weißt haben mein Pferdchen und ich einige Wochen gebraucht, um uns körperlich zu erholen. Die Zeit hat in diesem Fall für uns gearbeitet. Aber wie sieht es jenseits der körperlichen Schmerzen aus? Was bedeutet das für unsere Mensch- Tier Beziehung.

Von Wut, über Verzweiflung, Selbstvorwürfe und Angst, alles habe ich durchlebt. Eine echte Hochschaubahn der Gefühle. Auch in meinem Kopf herrschte Chaos. Ich habe nicht zugehört, war nicht achtsam und habe auch ein Stück weit Fly`s Vertrauen missbraucht. Warum fragst Du? 

Weil meine Stute mich mehrmals auf Schmerzen im Rücken aufmerksam gemacht hat und ich meine Bedürfnisse (sie zu reiten) über ihr Wohlbefinden gestellt habe. Mein Ehrgeiz war mir wichtiger. Nun stellt sich natürlich sofort die Frage, wann mir in meiner beruflichen oder auch privaten Laufbahn mein Ehrgeiz noch wichtiger war? Darüber werde ich noch viele Nächte nachgrübeln.

Aber auch ich habe Vertrauen zu Fly verloren. Aus Respekt wurde schlagartig Angst. Dass Angst hemmt, wissen wir alle. Und da es keine Zufälle gibt stolperte ich über ein für mich sehr wertvolles Buch. "Seelenkraft der Pferde" von Nanda van Gestel-van der Schel. Die Autorin beschreibt eine sehr ähnliche Szene mit ihrer Stute. Auch sie brauchte etwas Zeit sich vom Unfall zu erholen. Das gab mir Sicherheit. War ich doch nun mit meinem unguten Gefühl nicht mehr alleine. Und mir wurde ein Stück weit klarer, warum sich Fly MICH als Besitzerin ausgesucht hatte. Das spornte mich an erneut an unserer Beziehung zu arbeiten.

Wir haben viele gemeinsame Stunden im Round pen verbracht, waren ausgiebig spazieren und es gab sie die Zeit der Zweisamkeit. Nur Fly und ich. Und wir näherten uns wieder an. Auf der Weide wieherte sie mir freudig entgegen und in ihren Augen spiegelte sich wieder diese Sanftheit, die ich lange nicht mehr gesehen hatte. Sie genoss es gestreichelt zu werden und oftmals war es einfach nur Stille, die uns verband.

Anfänglich hielt sie beim Satteln noch sehr die Luft an, war verspannt. Ich war sehr vorsichtig und zögerlich. Nein falsch ausgedrückt, wohl eher ängstlich. Das hat sich natürlich wieder auf das Pony übertragen. Mir wurde klar, dass diese neue Art der Kommunikation Fly noch mehr verunsicherte und so beschloss ich, wieder ich zu sein. Ich bin kein leiser, ruhiger und besonnener Mensch. Ich habe eine große Körpersprache, bin temperamentvoll und manchmal auch eher laut. Diesen Umgang kannte sie und siehe da, satteln war nicht mehr das Thema.

Ich wollte aber nichts übereilen, wollte uns und unserer Beziehung Zeit geben. Ich wusste, ich werde den richtigen Zeitpunkt wieder in den Sattel zu steigen, spüren und ich werde Fly um Erlaubnis fragen. 

Am 30.10. war es dann soweit. Fly lief mir wiehernd entgegen und wirkte bereits beim Satteln des Bareback Pads (eine Art Polster, ermöglicht beim Reiten einen engen Kontakt zum Pferd) hoch motiviert. Gemeinsam mit Wynono gingen wir zum Viereck. Ich war aufmerksam und achtsam. Wir vertrauten uns wieder gegenseitig und aus Angst wurde abermals Respekt. Ich bat sie um Erlaubnis mich aufsteigen zu lassen und auf mich zu Beginn Acht zu geben. Sie war völlig entspannt und signalisierte mir, dass es in Ordnung war. Ich stieg auf und ging im Schritt los. Anfangs war mir schon noch etwas mulmig zu mute, aber nach ein paar Schritten war es wie immer. Meine Prinzessin und ich waren wieder ein Team. Ganz vorsichtig näherten wir uns den Stangen am Boden und ritten einen einfachen Trail. Fly war entspannt, hörte auf die feinsten Hilfen und war mit Eifer bei der Sache. 

Unsere Trainerin sagte: "Fly is back" und ich hatte Tränen in den Augen. 

Es war ein so tolles Gefühl wieder gemeinsam Freude am Reiten zu haben. Wie sehr hatte ich dieses Gefühl vermisst! Freude am Reiten hatte ich offensichtlich schon lange nicht mehr. Und das schon weit vor dem besagten Tag. Ich habe viel zu viel geübt, bin unzählige Pattern (Geschicklichkeitsaufgaben) geritten und war im Umgang mit Fly viel zu verbissen. Unsere heißgeliebten Ausritte habe ich vernachlässigt, genauso wie unsere "Beziehungsebene". 
Im Nachhinein betrachtet waren 3 gebrochene Rippen einfach notwendig um den eingeschlagenen Weg zu verlassen. Eine Prellung hätte mich wahrscheinlich nicht wach gerüttelt. Erst durch diese enorm schmerzliche Erfahrung bin ich aufgewacht. 

Ähnliche Muster habe ich in der Vergangenheit in Beziehungen zu Menschen erlebt. Häufig brodeln Kränkungen und Konflikte auf kleiner Flamme, aber sie brodeln. Erst wenn es zu einem heftigen Streit kommt werden diese an- und ausgesprochen. Streitereien sind auch oft sehr kränkend und tun weh. Aber wenn beide Seiten bereit sind diese Konflikte auszutragen, eröffnet sich danach eine neue Beziehungsebene. Das habe ich bereits in früher Kindheit gelernt. Und jede Auseinandersetzung hat uns näher gebracht. Alles wurde ausgeredet, manchmal auch heftig und laut ausdiskutiert, aber danach war es immer besser. Ein Stück weit MEHR Beziehung, MEHR Vertrauen und MEHR Respekt.

Fly, mein Pferd, mein Therapeut, meine Lehrerin und der Spiegel meiner Seele!